Wie der Preis sich ändert, ohne sich zu ändern

Kundenpsychologie und Wahrnehmung

Alles was wir sehen ist eine Interpretation unseres Gehirns von den Informationen, die unsere Sinnesorgane wahrnehmen. Das Gehirn des Menschen ist nicht dafür ausgelegt, rational zu denken, sondern impulsiv zu handeln. Warum, weil rationales Denken sehr viele Ressourcen bzw. Energie verbraucht.

Vermeintlich rationale bzw. objektive Sachen, unterliegen dennoch der Interpretation des Gehirnes, dass, durch seine unterbewusste Verarbeitung, beeinflusst oder geleitet werden kann.

Die moralische Frage sollte an dieser Stelle nochmal erwähnt werden.

So ist auch der Preis ein subjektives Gebilde in unserem Gehirn. 5 Euro sind für den einen viel, für den anderen wenig, aber hier hört es nicht auf. Der Einflussfaktor heißt ‘Kontext’, durch den verschiedene Studien nachgewiesen haben, dass Preis, so objektiv wie es scheinen mag, doch der subjektiven Wahrnehmung unterliegt.

Im Folgenden werde ich die Studien hierzu vorstellen, wie auch Belege, um dieses Konzept klarer herauszustellen.

Am Ende des Artikels findest du eine Auflistung von möglichen Umsetzungen der Erkenntnisse aus dem Text.

Preisanker (Price anchoring)

Preiswahrnehmung kann durch verschiedene Faktoren abgeändert werden, wie zum Beispiel durch einen Angebotspreis, bei dem der Originalpreis über dem Angebotspreis steht.

Diese Strategie wird als „Price Anchoring“ beschrieben und ist eines der effektivsten Mittel, den Kontext eines Preises zu verändern, um somit einen Preis implizit zu senken, ohne ihn explizit, also in echt, zu senken.

In Verhandlungen ist es bekannt, dass mit einem hohen Preis eingestiegen wird. Von diesem wird heruntergehandelt, bis man einen Deal erreicht. Der hohe Preis ist der „Anker“ der den finalen Preis niedriger erscheinen lässt. Je nach Preisgestaltung kann der niedrigere Preis allerdings noch eine Gewinnmarge enthalten. Es kommt lediglich auf den anfänglichen Preis an.

Nicht nur bei Verhandlungen, auch bei dem Aussuchen von Produkten in einem Regal oder in einer Menükarte macht es also Sinn, mit dem höchsten Preis anzufangen, damit die Preise danach wie implizit, also alleine durch die Wahrnehmung, günstiger erscheinen.

Anker sind wie die Einleitung in ein Kapitel. Je nachdem wie es startet, verändert sich die Wahrnehmung bzw. die Interpretation. Das funktioniert in beide Richtungen. Das heißt, das Einleiten mit einem niedrigen Preis, lässt das Gehirn die höheren Preise nur umso höher interpretieren.

 

Charme Preise (Charm prices)

Unter Charme Preisen versteht man Preise, die mit einer ‘9’ enden. In einem Feldexperiment des MIT (Massachusetts Institute of Technology) wurde der Einfluss dieser breit etablierten Praxis auf die Probe gestellt. Hierzu wurde ein Modeprodukt von 39, also ein bereits etabliertes Produkt mit einem „Charme Preis“ ausgewählt. Im Zuge des Versuches wurde das gleiche Produkt einmal für 34 Dollar, 44 Dollar und die 39 Dollar angeboten.

Das Ergebnis war, dass 23 % der Käufer öfter zu dem 39 Dollar Angebot als zu dem 34 Dollar Angebot gegriffen haben. Weitergehend konnte zischen Verkäufen von 44 Dollar und 34 Dollar kein Unterschied festgestellt werden. Des Weiteren wurde herausgestellt, dass Produkte, mit einem Angebotspreis und dem Originalpreis stärker verkauft werden, als wenn nur der Angebotspreis angegeben wird.

Dies kann daran liegen, dass ein Produkt kurz vor einer höheren Summe eine nahe Ähnlichkeit zu einem Angebotspreis hat und somit einen Kaufdrang erzeugt. (Eigene Interpretation)

Durch diese Studie sollte klar herausgestellt werden, dass Preis ein subjektiv beeinflussbarer Faktor ist. Wir unterscheiden hier zwischen dem expliziten und dem impliziten Level der Kosten (Implicit and explicit level of cost).

 

Produkt Upgrade (Trade up)

Durch die Anordnung von Produkten auf einer Karte kann die Produktwahl beeinflusst werden, sodass Kunden sogar zum teureren als zum günstigeren Produkt greifen.

2017 wurde in einer Studie genau dies getestet. Auf einer Bierkarte befanden sich normale und spezielle Biere, die natürlich teurer waren. Bei dem Standardmenü, mit den günstigeren Bieren auf der linken Seite, wurde nur zu 35 % zu den speziellen Bieren gegriffen. Wurden die Karte anders sortiert, nämlich mit den Spezialbieren auf der linken Seite, ist der Verkauf von 35 % auf 47 % gestiegen.

Warum? (Eigene Interpretation) Links oben ist der Anfangspunkt, wenn wir eine Menükarte lesen. Deswegen ist hier das Spezialbier der Anker, nicht für den Preis, sondern für die Qualität. Nachdem mit guter Qualität eingeleitet wurde, möchten Kunden ungern zur schlechteren Qualität greifen, weswegen der Verkauf des teureren, aber qualitativ hochwertigeren Produktes steigt.

(Wilke Market Research A/S 2017 – research conducted in collaboration with Carlsberg Denmark)

 

Gestaltung des Preisschildes

Durch die eigentliche Gestaltung des Preisschildes, neben Angebotsbeschriftungen, kann die Wahrnehmung ebenfalls beeinflusst werden, wie die obige Figur zeigt. Hierbei geht es um die grafischen Elemente wie die Farbe, die Typografie (Schriftart) aber auch die Nutzung von Formen als Hintergrund.

Auch wenn diese Figur Ergebnis einer Umfrage ist, muss ich dem Preisschild rechts oben widersprechen. Nach meiner persönlichen Einschätzung würden Kunden heutzutage die leicht dreidimensionale Schrift, die Farben, das Sternchen und den grauen Hintergrund nicht als hochwertiger ansehen, als die Preisschilder darunter.

In der Designtheorie gilt, je simpler etwas gestaltet ist, desto hochwertiger wird es wahrgenommen. Hier vermischen sich also die Welten des Marketings mit der Welt des Designs.

Generell ist aus der Welt des Designs allerdings zu sagen, dass nicht nur simple Gestaltung, sondern auch verzierte Gestaltung wie wir es aus dem Jugendstil (Art nouveau) kennen, ebenfalls den wahrgenommenen Wert steigern können, da diese Extravaganz ausstrahlen.

Wie kann man davon Gebrauch machen?

Die benutzen Beispiele sind sehr anschaulich, je nach Industrie sind diese einfacher umzusetzen oder ein bisschen komplizierter, weil hier um die Ecke gedacht werden muss und gegebenenfalls Daten erhoben werden müssen, um zu testen, was am besten funktioniert.

Generell

Preisauflistungen (Menükarten oder Andere)

  • Seite nach Sehmuster des Menschen gestalten. (Wo schauen Kunden als Erstes hin) wo als erstes hingesehen wird, sollte die „Einleitung“ nach der gewählten Strategie gestaltet werden.
  • Die teuersten Produkte zuerst aufzulisten, hat zwei Effekte. Die günstigeren Produkte sehen günstiger aus, egal was ihr Preis ist. Bei höherer Produktqualität durch explizite Betitelung wie „Empfohlen“ „Chefs Choice“, etc. kann der Umsatz dieser Produkte gesteigert werden.

 

Preisgestaltung

  • Charme preise, solche mit einer ‘9’ am Ende, sind in manchen Fällen sogar effektiver, als der günstigere Preis.
  • Seinen Preisanker höher zusetzen, als er eigentlich sein sollte bzw. als das Produkt mit einem „normalen“ Gewinnaufschlag sein würde, kann dabei helfen, andere kleinere Preisaufschläge, geringer aussehen zu lassen.

Quellen: Buch 1: Decode the science behind why we buy, second edition; Phil Barden; 2023 Fig. 1 : Buch 1, Seite 49

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